Zur Besetzung

Quartett oder Sinfonie?

In der Vorklassik war die Grenze zwischen chorischer und solistischer Besetzung vieler Werke fliessend. Je nach Anlass der Aufführung und den zur Verfügung stehenden Instrumentalisten wurde mit mehr oder weniger Musikern gespielt. Monn beispielsweise verwendete die Bezeichnungen "Sinfonia" und "Quatuor" oft synonym. Der Begriff "Sinfonia" bezog sich wohl nicht auf die Art der Aufführung, sondern bezeichnete eine Abfolge von Sätzen mit einem bestimmten Charakter und einer bestimmten Form, vor allem in der frühen Vorklassik (z.B. auch bei Johann Stamitz).

Die Bassstimme der Streichquartette wurde auch bei solistischer Besetzung der Oberstimmen üblicherweise von Cello und Kontrabass gespielt. Zwischen 1760-1780 erfreute sich die Besetzung der ersten Stimme des Quartetts mit einer Flöte grosser Beliebtheit. Es wurde mit vielerlei Ensembles experimentiert, das reine Streichquartett hatte sich noch nicht durchgesetzt.

Besetzung der Bläserstimmen

Während in der Barockmusik der Basso continuo das Fundament war, über dem sich eine Kombination austauschbarer Instrumente bewegte, erhielt das Instrumentalensemble nun zunehmend eine normierte Struktur. Es bestand allerdings noch eine Übergangssituation, in der die Besetzung oft nicht eindeutig vorgegeben war. Dies hängt unter anderem auch mit der unklaren Quellensituation zusammen: Gemäss Hugo Riemann, dem Herausgeber der Werke der Mannheimer Komponisten, wurden in den Druckausgaben die Bläserstimmen gegenüber den handschriftlichen Quellen oft reduziert: "Fast möchte ich glauben, dass man für den Druck sich auf eine mittlere Besetzung (à 6 oder 8) beschränkte, einesteils, um die Kosten zu verringern, andernteils, um die Ausführung auch für kleinere Instrumentalkörper möglich zu machen, dass aber stärker besetzte Orchester nach bestimmten allmählich herausgebildeten Grundsätzen auch nicht vorgesehene weitere Instrumente beteiligten …"*

Der Basso continuo

Der Basso continuo verlor an Bedeutung, da die Bläser und die Mittelstimmen der Streicher die füllende Funktion des Harmonischen zu übernehmen begannen. Die Ablösung des Basso continuo verlief langsam, er wurde noch nicht grundsätzlich weggelassen, sondern vor allem dann, wenn die andern Stimmen, insbesondere die Bläserstimmen, gut besetzt waren. Offensichtlich spielten auch lokale Gegebenheiten eine Rolle: Die Drucke für den Pariser und Londoner Markt wiesen meist bezifferte Bässe auf, während dies in Deutschland schon häufig nicht mehr

der Fall war.

Neues Klangideal

Das Klangideal wandelte sich, und weichere, naturhafte und auch dunklere Tönungen des Klanges wurden angestrebt: Es kamen neue Instrumente in Mode wie die Oboe d'amore und die Flauto d'amore, bei den Streichern die Viola d'amore und die Violetta, eine Art Viola da Gamba in Altlage (so in Joseph Toeschis Sinfonia in B-Dur, Op. 3 Nr. 3). Bei Johann Stamitz noch selten, tauchte die Klarinette immer häufiger auf, die mit dem üppig sinnlichen Ton gut zum neuen Klangideal passte. Grosse Bedeutung bekam auch das Horn, das statt des Basso continuo die klangfüllende Schicht darstellte.


* Hugo Riemann, Denkmäler der Tonkunst in Bayern, Einleitung zum Band Sinfonien der Pfalzbayerischen Schule, I, S. 17